Interview mit zwei (ehemaligen) Auszubildenden

Vor Kurzem durften wir die diesjährige Abschlussfeier begehen (siehe hier). Wie haben unsere (ehemaligen) Auszubildenden die Zeit im Solothurnischen Zentrum Oberwald erlebt? 

Jemina, neu Sozialpädagogin HF, und Seraina, neu Fachfrau Betreuung MmB, haben uns dazu einige Fragen beantwortet.

Was hat euch ursprünglich dazu bewegt, euch für eure Ausbildung zu entscheiden?

Seraina: Ich habe zuerst eine Ausbildung zur Fachfrau I&D gemacht, in der ich viel am Computer sass und dadurch gemerkt habe, dass das keine Arbeit für mich ist. Also habe ich mich dazu entschieden, diese Ausbildung abzubrechen und etwas ganz anderes zu machen. So bin ich schliesslich über das Schnuppern in vielen verschiedenen Berufen zum Beruf der Fachfrau Betreuung gekommen, der mir sofort zugesagt hat. Deshalb habe ich mich zuerst für ein Praktikum und danach für die Berufslehre zur Fachfrau Betreuung EFZ entschieden.

Jemina: Für mich war die Entscheidung schon lange klar – ungefähr seit 2018. Ich habe zuerst die Lehre zur Fachfrau Betreuung EFZ mit Fachrichtung Kinder gemacht und wusste schon damals, dass ich anschliessend die Ausbildung zur Sozialpädagogin HF machen will. 

Wie seid ihr damals auf unseren Betrieb aufmerksam geworden?

Beide: Online.

Seraina: Ich habe recherchiert, in welchen Institutionen für Menschen mit Behinderung Lehrstellen offen sind.

(Anmerkung: Zu unseren offenen Schnupper- und Lehrstellen geht es hier.)

Hattet ihr schon vor der Ausbildung eine klare Vorstellung davon, was euch erwartet?

Jemina: Ja und nein. Einige Dinge waren mir klar, aber der Betrieb und auch die Arbeit im Erwachsenenbereich waren neu für mich.  

Seraina: Ja, denn ich habe vorher 1,5 Jahre als Praktikantin in diesem Berufsfeld gearbeitet und in dieser Zeit auch mit Lernenden, die in meinem Praktikumsbetrieb die Ausbildung zur Fachperson Betreuung absolviert haben, Kontakt gehabt.

Was waren für euch die Highlights während eurer Ausbildungszeit?

Seraina: Die Zusammenarbeit mit der Klientel, die ich betreut habe. Besonders, wenn ich dabei mitwirken konnte, dass ein Klient oder eine Klientin ein Erfolgserlebnis hat.

Jemina: Es gab immer wieder Aha-Momente, z.B. auch, wenn ich die Theorie in der Praxis anwenden konnte. 

Gab es besondere Herausforderungen – und wie seid ihr damit umgegangen?

Jemina: Zwischendurch hatte ich relativ viel Stress, vor allem im Winter – auch, weil ich eine Perfektionistin bin. Ich habe mir dann jeweils gesagt, dass ich nicht aufgeben darf. 

Seraina: Jede Ausbildung hat ihre Herausforderungen. So war das auch bei mir.

Die wohl grösste Herausforderung für mich war es, mit dem plötzlichen Tod einer Klientin umzugehen, die ich fast meine gesamte Ausbildungszeit über eng betreut habe. Es hat mir jedoch sehr geholfen, dass im Team offen darüber gesprochen wurde und wir uns gegenseitig unterstützt haben. Auch, dass ich das Abschiedsritual, das wir für diese Klientin gemacht haben, mitgestalten durfte, war ein wichtiger Schritt für mich, um mit ihrem Tod und meiner Trauer umgehen zu können.

Was habt ihr in eurer Ausbildung gelernt, das euch besonders in Erinnerung bleibt (fachlich oder persönlich)?

Seraina: Fachlich durfte ich sehr vieles über medizinische, anatomische und agogische Themen lernen, von dem ich nach wie vor profitieren kann. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Kurs zum Aggressionsmanagement, den wir in der Berufsschule besuchen durften, und dass hinter jedem herausfordernden Verhalten immer ein Grund steckt, den es zu finden und verstehen gilt. Erst dann kann man die begleiteten Menschen in allen Situationen und Lebenslagen ihren Bedürfnissen entsprechend betreuen.

Persönlich konnte ich während meiner Ausbildung an der Verantwortung wachsen, die mir, je länger je mehr, übertragen wurde. Auch habe ich mehr Vertrauen in mich selbst und meine Fähigkeiten gewonnen und bin selbstreflektierter geworden, was mich nicht nur in meinem Berufsleben, sondern auch ausserhalb davon weiterbringen wird.

Worauf freut ihr euch am meisten nach eurem Abschluss?

Seraina: Darauf, auch im Berufsleben nach meiner Ausbildung weitere Erfahrungen und neue schöne Begegnungen mit Menschen sammeln zu können, sowie noch vieles mehr dazuzulernen. Denn ein Mensch lernt nie aus.

Jemina: Jetzt freue ich mich erst einmal aufs Reisen (lacht). Und dann freue ich mich, mit neuem Elan zurückzukommen, und bin gespannt, ob sich in der Zwischenzeit etwas geändert hat. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sich für mich persönlich viel ändern wird, weil ich auch schon vor meinem Abschluss als vollwertiges Teammitglied gearbeitet habe.

Gibt es bestimmte Ziele oder Bereiche, in denen ihr euch weiterentwickeln möchtet?

Seraina: Ich möchte mich nach ein bis zwei Jahren Arbeit als FaBe zur Sozialpädagogin weiterbilden.

Was würdet ihr neuen Auszubildenden mit auf den Weg geben?

Seraina: In diesem Beruf neigt man meiner Erfahrung nach häufig dazu, eher an die Klientel und das Team zu denken – oder je nachdem auch an die eigenen Noten – als an sich selbst. Dabei ist das mindestens genauso wichtig! Also achtet bei allem, was ihr tut, auch immer auf euch selbst. Denn nur, wenn es euch selbst gut geht, könnt ihr dazulernen und für die von euch begleiteten Menschen da sein.

Jemina: Nicht aufzugeben, auch wenn es zwischendurch einmal schwieriger ist. Und sich keinen allzu grossen Stress zu machen, weil meistens alles weniger schlimm ist als gedacht. 

Das sind doch sehr gute Ratschläge, auch für das Leben allgemein. Zum Abschluss noch eines: Wenn ihr eure Ausbildungszeit in einem Satz zusammenfassen müsstet – wie würde der lauten?

Jemina: Das ist noch schwierig (lacht). Es war eine tolle Zeit mit vielen neuen Herausforderungen, in der ich mich weiterentwickeln und selbst stark wachsen konnte.

Seraina: Meine Ausbildungszeit war intensiv und dadurch auch hin und wieder ziemlich anstrengend, aber insgesamt sehr wertvoll für mich und meinen weiteren Weg.

Vielen Dank für eure Zeit und weiterhin alles Gute für euch!